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‹ alle Blogartikel anzeigen24. April, 2021 — „Falconaria“ - ein Klassiker zur Falkenjagd von 1617 zurück in Weimar
Die Herzogin Anna Amalia Bibliothek hat Anfang 2021 eins der äußerst seltenen Exemplare der »Falconaria« von Charles dʼArcussia aus dem Jahr 1617 erworben. Es handelt sich um die erste und einzige deutsche Ausgabe des berühmten französischen Klassikers »La Fauconnerie« von Charles dʼArcussia, der erstmals 1598 erschienen ist. Das auf den zeitgenössischen Pergamenteinband geprägte Wappen der Herzöge von Sachsen-Weimar weist auf einen Vorbesitzer in der Weimarer Hofgesellschaft oder der herzoglichen Familie hin, vermutlich aus dem Umfeld von Herzog Johann Ernst I. von Sachsen-Weimar, der von 1615 bis 1620 regierte. »Die Familie, Angehörige des Hofes, Hofbeamte oder Institutionen durften auch Wappen des Herzogs auf eigene Bücher aufprägen lassen«, sagt die wissenschaftliche Bibliothekarin Claudia Streim, in der HAAB zuständig für die antiquarische Erwerbung nach dem Brand. Der schlicht gehaltene zeitgenössische Pergamenteinband deutet darauf hin, dass das Buch auch benutzt werden sollte. Dafür sprechen auch handschriftliche Notizen zur Jagdliteratur aus dem 16. Jahrhundert auf dem Vorsatzblatt – siehe Digitalisat S. 16 https://kurzelinks.de/4buu. Möglicherweise war es das Ausbildungsbuch vom Falkner des Herzogs. Wie und wann es Weimar verließ, ist unbekannt. »Der ganze Band gibt viele Rätsel auf«, sagt Claudia Streim. »Erstbesitzer, Stationen, die das Weimarer Exemplar genommen hat, das ist etwas für die Forschung.« Die HAAB erhielt das exklusive Kaufangebot von einem Berliner Antiquariat. Claudia Streim: »Wir hatten eine Woche Zeit für die Entscheidung und haben den Band sofort reserviert, denn es gab private Konkurrenz aus den USA, die den Band kaufen wollte.«
Finanziert wurde der Ankauf des seltenen Buches aus Mitteln, die für die Ersatzbeschaffung von historischen Drucken nach dem Bibliotheksbrand von 2004 zur Verfügung stehen, um die großen Verluste des Brandes durch Neuerwerbungen zu kompensieren.Das Werk mit dem deutschen Titel »Eigentlicher Bericht und Anleytung wie man mit Falcken und andern Weydtvögeln beitzen soll« enthält umfangreiche Informationen über die Falkenjagd und ist mit 14 ganzseitigen Kupfertafeln (10 Falken, 2 Falkengerippe u. 2 Habichte) und 1 mehrfach gefalteten Kupfertafel aufwendig illustriert. Sein Autor dʼArcussia (ca. 1545–1628) war ein außergewöhnlich erfahrener und begabter Falkner, der im Dienst der französischen Könige Heinrich IV. und Ludwig XIII. stand. DʼArcussias sehr erfolgreiches Werk erschien bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts in zehn Auflagen und war ein Muss für eine Hofgesellschaft, die dieser prestigeträchtigen Jagd nachging.
Vom 7. bis 21. Juni 2021 soll der repräsentative Falkenband im Foyer des Studienzentrums der Herzogin Anna Amalia Bibliothek ausgestellt werden. Bereits jetzt steht er in den Digitalen Sammlungen zur Einsicht frei zur Verfügung: https://kurzelinks.de/4buu.
Kupferstiche von Falken befinden sich u. a. auf den Seiten 72:35, 77:40 und 78:41Maria Socolowsky