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‹ alle Blogartikel anzeigen10. November, 2017 — Als Jacob Grimm beinahe die Leitung der Großherzoglichen Bibliothek übernommen hätte
Bettina von Arnim (1785–1859) brachte den Vorschlag, Jacob (1785-1863) Grimm und seinen Bruder Wilhelm (1786-1859) an den Weimarer Hof zu holen, im Oktober 1838 bei ihrem Besuch Weimars ins Spiel. Ihre Bemühungen schildert sie in einem Brief an Wilhelm Grimm vom 5. Februar 1839. Darin heißt es: »[…] daß der Erbgroßherzog die große Sehnsucht habe, Weimar wieder emporzubringen und von welchem Nutzen es sein könnte, wenn ihr dort ungestört in den Archiven der Bibliothek arbeiten könntet usw. und noch anderes.« Offensichtlich standen die Brüder einer Berufung nicht ablehnend gegenüber, denn bei Bettina von Arnim heißt es weiter: »Habt Ihr noch immer Lust nach Weimar zu ziehen?« Letztlich zerschlug sich diese von der Großherzogin Maria Pawlowna beförderte Idee, die große Sympathie gegenüber den Grimms hegte, da ihr Gatte Carl Friedrich Komplikationen mit dem König von Hannover befürchtete.
Friedrich Wilhelm Riemer (1774–1845), Sekretär Goethes, seit 1812 Gymnasialprofessor und Bibliothekar, seit 1828 Oberbibliothekar der Großherzoglichen Bibliothek, der annehmen konnte, mit diesem Schritt aus seinem Amt gedrängt zu werden, hatte gegen diesen Plan natürlich Einwände. Am 24.1.1840 berichtet Friedrich Christoph Dahlmann (1785–1869) den Grimms vom Tod Riemers und bringt ein verlockendes Argument für die Übersiedlung der Grimms vor: »Blutwenig Amtsgeschäfte und eine doch immer achtbare Bibliothek zu Ihrem Gebrauche; der eigentliche Gehalt ist freilich nur 800 Thaler; Riemer hat auf anderem Wege mehr gehabt.« Dahlmann war als Politiker Mitgestalter der 1833 eingeführten liberalen Verfassung des Königreiches Hannover. Gegen die Aufhebung dieser Verfassung protestierten 1837 die Göttinger Sieben. Dahlmann war deren Anführer, die Grimms gehörten dazu.
Am 12. Dezember 1837 entließ Ernst August IV. (1771–1851), König von Hannover seit 1837, die sieben Professoren. Drei von ihnen – Friedrich Dahlmann, Jacob Grimm und Georg Gottfried Gervinus – verwies er sogar des Landes. Diese wurden dann 1840 vom preußischen König Friedrich Wilhelm IV. empfangen, der politisch Verfolgte teilweise rehabilitierte. Dort in Berlin übernahmen Jacob und auch Wilhelm Grimm wichtige Ämter. Die Nachricht von Riemers Tod erwies sich als falsch. Der Irrtum war offenbar nie bis zu den Grimms vorgedrungen. Denn in einem Brief vom 11. Juni 1841 erinnert sich Jacob Grimm: »Wäre ich vor zwei Jahren nach seinem [Riemers] Tode Bibliothekar in Weimar geworden […]«.
Roland Bärwinkel