Teil der Globensammlung der »Herzogin Anna-Amalia Bibliothek«

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  • 28. Juni, 2021 — Den Wald übersetzen. Herzogin Anna Amalia und der Wald der Zukunft. Fragen an den Forstwissenschaftler Ingolf Profft

    • Ingolf Profft (links) bei einer Führung im Thüringer Wald

    Der Wald der Zukunft war Thema eines Gesprächs, das Annette Seemann im Mai 2021 im Bücherkubus der HAAB mit dem Revierförster Wolfgang Grade führte. (siehe Link unter Vorträge, Lesungen & Konzerte). Ein Modellprojekt zum Waldumbau in Thüringen hat der Forstwissenschaftler Ingolf Profft (IP) vom Forstlichen Forschungs- und Kompetenzzentrum Gotha des ThüringenForst maßgeblich mitentwickelt. Im Interview mit Annette Seemann (AS) berichtet er über Details.

    AS Sie schreiben von dem Modellprojekt zum Waldumbau in Thüringen. Wann hat das Projekt begonnen und wie lange wird es fortgesetzt?

    IP Das Projekt läuft seit 2013 und ist erst einmal bis 2022 terminiert. Wenn auch in modifizierter Form, so soll es auch darüber hinaus fortgeführt werden, da vieles erst initiiert werden konnte und nun eigentlich erst richtig bearbeitet werden kann.

    AS Wie wird das Ganze dokumentiert?

    IP Derzeit erarbeiten für einen Broschüre für die breite Öffentlichkeit. Intern werden die verschiedenen Arbeiten und Versuche sachkundig gesichert und dokumentiert. Mit entsprechenden Wiederholungsaufnahmen erfolgt die langfristige Begleitung.

    AS Welche Baumarten stellt man sich in dem skizzierten Bergmischwald vor und warum genau diese?

    IP Derzeit gehen wir unter Berücksichtigung des Klimawandels davon aus, dass eine Mischung aus Buche, Weißtanne, Fichte mit einer Vielzahl an Mischbaumarten, wie Eberesche, Bergahorn, Bergulme, aber auch Weide, Birke und Lärche das Bild des Thüringer Waldes der Zukunft prägen wird. In den etwas tieferen Lagen kommen Spitzahorn und Eichen dazu, hier und dort auch Douglasie. Diese Baumarten sind – je nach konkreter Region (Höhenlage mit dem entsprechenden Klima) – die sichere Variante. Wir wissen viel über sie und ihre ökologischen Ansprüche. Sie sind alle heimisch und kamen zu früheren Zeiten (z. B. auch Warmphasen) in der Region vor. Insbesondere über die Pollenanalysen aus dem Mooren des Thüringer Waldes wissen wir relativ gut, welche Baumarten unsere Wälder vor vielen 100 Jahren geprägt haben. Sollte es uns jedoch nicht gelingen, die Klimaveränderungen bei 2-3°C einzugrenzen, wird es selbst für den Thüringer Wald schwer, Baumarten zu definieren, die einen solchen Veränderungsprozess noch schaffen.

    AS Heißt Modellprojekt, dass es für Thüringen modellhaft ist oder für die ganze BRD?

    IP Das Projekt soll beispielgebend für Thüringen sein, aber kann mit Modifikationen entsprechend der konkreten Bedingungen (Boden und Klima) auch für andere Mittelgebirge, wie z.B. das Erzgebirge, als Anregung dienen.

    AS Was passiert denn eigentlich mit dem vielen Schadholz. Kann man es weiter nutzen?

    IP Teilweise kann das derzeitige Schadholz noch verwendet werden, da z.B. der Borkenkäfer das Innere des Holzes nicht beschädigt.

    AS Was kann jeder von uns beitragen, um den Wald gesund zu halten?

    IP Beim Klimawandel reden wir wirklich über ein Problem, das wir mit einfachen Pflanzaktionen und Müllsammelaktionen nicht in den Griff bekommen. Wir müssen erkennen, dass wir unsere Umwelt und damit unsere Lebensgrundlagen nachhaltig zerstören, wenn wir nicht drastisch unseren Energieverbrauch und unser Konsumverhalten ändern – in allen Bereichen, im privaten Umfeld und auch im beruflichen. Das heißt auch unsere Anstrengungen zum Waldumbau und die Arbeit zum Aufbau gesunder Wälder ist nur dann erfolgreich, wenn wir alles unternehmen, dass die Klimaerwärmung gebremst wird. Daher:

    • Mehrweg, mehr reparieren, mehr wiederverwenden, mehr Fahrrad, mehr regional, mehr Verzicht
    • weniger Auto, weniger Flüge, weniger kaufen (billig heißt oft mehrfach kaufen)

    Wer mehr dazu erfahren möchte, kann sich gern an die regionalen Thüringer Forstämter wenden (Adressen sind zu finden unter www.thueringenforst.de). Diese bieten oftmals Waldführungen für die Öffentlichkeit an. Auch das Kompetenzzentrum in Gotha organisiert Pflanzaktionen und Waldführungen, verstärkt im Bereich des Modellprojektes »Waldumbau« im Thüringer Wald (Kontakt: ffk-gotha@forst.thueringen.de).

    Autor: Ingolf Profft Forstliches Forschungs- und Kompetenzzentrum Gotha des Thüringen Forst Fragen: Annette Seemann